Ein letzter Traum

„Wie hungrig ich noch bin? Nächstes Frühjahr wie ein Grizzlybär nach dem Winterschlaf.“ Für Worte wie diese lieben Radsportfans Jens Voigt. Auf den kommenden Seiten spricht der Berliner Klartext.

 

Neben einer Geschichte über ihn wollten wir Jens Voigt auch noch einmal selbst zu Wort kommen lassen – schließlich hat kaum ein Fahrer im Peloton einen ähnlichen Unterhaltungswert wie der Berliner. Außerdem drückt sich der Routinier selten um klare Worte – und hat dabei im Laufe seiner Karriere zahlreiche Bonmots hinterlassen. Zu diesem Zweck schickten wir ihm ein Bündel Fragen rund um das Thema Leopard Trek – und waren mehr als erstaunt, dass er sie trotz gebrochenen Mittelhandknochens derart ausführlich und offen schriftlich beantwortete. Lassen wir Jens also ungefiltert mit seinen eigenen Worten Stellung beziehen …
 
 
RÜCKBLICK
 
Wie beurteilst du generell die Entwicklung von Leopard Trek? Wie würdest du die abgelaufene Saison einordnen? Große Erfolge waren dieses Jahr ja eher Mangelware – relativ und rein nach Siegen gesehen. War die Teamleitung vielleicht zu optimistisch?
Die Entwicklung unserer Mannschaft war großartig. Wir haben es von der Idee eines luxemburgischen Rennstalls Mitte letzten Jahres hin zu einer voll einsatzfähigen Mannschaft am 1. Januar 2011 gebracht – alle Trikots, Renndienstwagen, Mechaniker, LKW, Rennräder, das gesamte Equipment, alles war da. Ich denke, das ist eine bemerkenswerte Leistung. Sicher hat uns geholfen, dass wir mit Brian Nygaard, Kim Andersen und Torsten Schmidt geballte Kompetenz am Start hatten, aber auch große Teile der Mechaniker und Physiotherapeuten waren bereits erfahrene Leute, mit denen wir teilweise schon mehrere Jahre zusammengearbeitet haben. Und nicht zuletzt haben auch wir Fahrer mit unserer Erfahrung und unseren Ideen zum Gelingen beigetragen. Wir sind mit einer Menge Vorschusslorbeeren in die Saison gestartet, das war uns allen klar – naja, zumindest mir –, und ich habe noch meine Worte beim Dezember-Trainingslager im Ohr: „Jungs, wir sind ohne einen Pedaltritt Weltranglisten-Erster, wir haben die Titelseiten aller einschlägigen Magazine belegt, wir haben cooles Equipment. Das alles ist nur Vorschuss, jetzt müssen wir hart arbeiten, um all die Erwartungen auch zu erfüllen.“
Ich muss zugeben, auf dem Papier und vom Betrachtungspunkt der nüchternen Zahlen ist es richtig, dass uns die ganz großen Siege fehlen. Aber mal ehrlich: Wer konnte denn wissen, dass wir in diesem Jahr auf einen großartigen und nahezu unbesiegbaren Philippe Gilbert treffen würden, gegen den niemand ein Patentrezept hatte? Nicht wir von Leopard Trek und alle anderen Teams auch nicht. Was wäre Lüttich für ein Triumphzug geworden ohne Philippe – beide Schleck-Brüder alleine vorne.

Oder Fabian Cancellara: Podiumsplätze in San Remo, Flandern und Roubaix, bis zum Saisonende immer zuverlässig, bei der WM wieder Podium und im Straßenrennen fast noch mal Podium.
Auch die Tour lief planmäßig – bis auf den Fakt, dass wir Cadel nicht so stark eingeschätzt hatten: beide Brüder auf dem Podium, dazu ein Etappensieg von Andy herausgefahren in einer Art und Weise, wie man es das letzte Mal von Eddy Merckx oder Bernard Hinault gesehen hat. Und ich wage zu behaupten, dass wir als Team bei fast jeder Teampräsentation auf allen Kontinenten und in den verschiedensten Ländern den lautesten Applaus bekommen haben. Wir waren ganz sicher eines der populärsten Teams während dieser Saison – und das bezeichne ich ebenso als Erfolg. Kurz gesagt: JA, wir hatten nicht so viele große Siege, aber ich sehe uns als erfolgreiches Team, weil wir die Herzen der Fans erreicht haben. Und, hey, Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut, also gebt uns einen Moment Zeit.
 
Was habt ihr Fahrer euch von dieser Saison erhofft?
Wir alle wussten, dass es ganz sicher die eine oder andere Kinderkrankheit oder Startschwierigkeit geben wird. Was wir erwartet haben, war ein neues, frisches und harmonisches Team mit neuer Herangehensweise, neuen Ideen und neuen Ansprüchen – und all diese Ansprüche oder Erwartungen unsererseits wurden auch mehr als erfüllt. Ich erinnere mich an die allererste Rede von Brian Nygaard, in der er sagte: Wir wollen nicht nur das beste Team werden, sondern auch noch cool aussehen dabei. Wir wollen als sympathisches, offenes und für die Fans erreichbares Team in Erinnerung bleiben. Und natürlich haben wir Fahrer alle gehofft, dass jeder von uns auch mal eine eigene Chance erhält.
 
Was davon ist eingetreten? Was nicht?
Wie bereits in der Vorfrage teilweise beantwortet, hatten wir die verschiedensten Erwartungen – eine Erwartung, die glücklicherweise völlig enttäuscht wurde, war, dass es in einem neu gegründeten Team mehr „Hickups“ geben würde. Das einzige „Problem“, an das ich mich erinnere, war, dass es beim ersten Rennen, ich denke, es war Tropheo Mallorca, nur eiskaltes oder siedend heißes Wasser in unserem Teambus gab. Und mal ehrlich – wenn das das einzige Problem war, hatten wir doch einen tollen Start. Ich denke auch, dass wir vielen Fahrern die Chance gegeben haben, mal auf eigene Faust zu fahren, also auch eine Fairness der Chancen gewährleistet haben.
Vermutlich haben wir alle mehr Siege erwartet und sicher auch, dass es einfacher werden würde – das, denke ich, ist kein Geheimnis –, und wir waren ganz oft sooo dicht dran und sind oft ganz knapp Zweiter oder Dritter geworden. Das zog sich ein wenig wie ein roter Faden durch unser ganzes Jahr, und wenn all diese „Knapp daneben“-Chancen nächstes Jahr zu unseren Gunsten ausgehen, werden wir Rennen rechts, links und in der Mitte gewinnen. So ähnlich wie HTC-Highroad – die haben auch andauernd gewonnen, für mich gefühlte 200 Siege pro Jahr. Ehre, wem Ehre gebührt – die Jungs sind einfach ein supererfolgreiches Team.
 
Und wie beurteilst du als Dienstältester die Leistung der deutschen Fahrer im Team?
Ich bin froh und stolz, dass unsere deutsche Fraktion so erfolgreich und wichtig war. Erster Sieg fürs Team: Dominik Klemme, Deutscher Meister: Robert Wagner, lediglich zwei Rundfahrtsiege – einer davon von Linus [Gerdemann] in Luxemburg. Auch Fabian [Wegmann] war immer zuverlässig da, und ich selbst hoffe, dass ich sagen darf, meinen Teil zum Gelingen der Tour de France beigetragen zu haben.
 
 
AUSBLICK
 
Hin zu 2012: Was erwartest du von der Fusion? Zum einen wird es ja problematisch, die Fahrer, teils noch mit Verträgen für das kommende Jahr, unterzubringen. Aber auch das Personal von Mechanikern über die leitenden Angestellten kann nicht komplett unter einen Hut gebracht werden, zahlreiche Mitarbeiter verlieren ihre Jobs – viele doch eher negative Punkte zum Start. Beschäftigt ein Fahrer wie du sich mit derlei Fragen/Schwierigkeiten?
Tja, die Fusion. Ganz sicher kam es total überraschend für fast alle von uns, und natürlich war der erste Gedanke nach dem Bekanntwerden: „Moment mal, da sind ja 40 Fahrer für 30 Plätze.“ Natürlich erzeugt das Unsicherheiten. Inzwischen ist die Lage etwas klarer, und ich bin optimistisch, dass wir alle Jungs irgendwie und irgendwo unterbringen werden. Ich hoffe auch, dass wir allen Mechanikern und Physiotherapeuten bei der Jobsuche helfen können. Mal ganz ehrlich, für mich sind das alles nicht einfach nur Kollegen, ich nenne sie alle Freunde, und genau so meine ich es auch. Und natürlich fühle und bange ich mit ihnen – mit einigen arbeite ich seit Jahren zusammen, und all die gemeinsamen Erfolge und Niederlagen, die wir durchlebt haben, kann ich nicht einfach so wegwischen. Und: Ja, es tut mir weh, Abschied nehmen zu müssen, es sind ja nicht einfach nur Nummern in einer Kartei, es sind Freunde, Leute mit Familien, Kindern, Leute, an deren Leben ich genauso teilhaben durfte, wie sie an meinem Leben Teil hatten. Zweifellos beschäftigt mich das sehr, und ich hätte mir einen ruhigeren Start gewünscht für diese neue Mannschaft.
Ganz sicher erhöht dieser Zusammenschluss unsere Chancen auf den Tour-Sieg mit einem der beiden Schlecks, wir müssen jetzt nur schauen, dass wir niemanden zurücklassen, der es nicht verdient hat. Für mich persönlich war von Anfang an klar, dass ich Teil dieses neuen Projekts sein würde, auch wenn es widersprüchliche Meldungen gab.
 
Können derartige Großfusionen und finanzstarke Teams wie etwa BMC dem Radsport nicht auch schaden? Stichwort: Chancengleichheit – und damit Spannung bei den Rennen?
Was heißt Chancengleichheit?! Hatten wir eine reelle Chance gegen Philippe Gilbert bei Lüttich – Bastogne – Lüttich? Nein, sicher nicht. Und haben wir uns darüber beschwert?! Sicher nicht. Wir haben gesagt, dass wir alles in unserer Macht Stehende getan haben und von einem ganz Großen geschlagen wurden. Ungleichheit ist leider überall. Deutschland hat ein viel größeres Bruttoinlandsprodukt als beispielsweise Malta, und schadet das jemandem? Bayern München hat mehr Geld und Ressourcen als etwa Borussia Dortmund – und die Frage, wer letztes Jahr den DFB-Pokal gewonnen hat oder die Meisterschaft, kann ja sehr leicht beantwortet werden. Und wann haben beispielsweise all die Superstars von Real Madrid das letzte Mal die Champions League gewonnen?! Mehr Budget bedeutet im Sport nicht immer automatisch mehr Erfolg – der Kopf, die Einstellung und der Wille zum Erfolg sind nach wie vor ganz wichtige Komponenten. Und ich denke, dass es mehr oder weniger kein Geheimnis ist, dass das bereits zuvor von mir gelobte Team HTC die mit Abstand meisten Siege eingefahren hat und ein eher bescheidenes Budget hatte. Ich denke, hier wäre es angebracht, mein Kompliment zu wiederholen und zu verstärken.
BMC ist schon einige Jahre ein finanzstarkes Team, doch ich fühle mich in keinster Weise von den Jungs um meine Chancen gebracht. Zählt doch mal die Siege von BMC dieses Jahr. Na klar, sie haben die Tour gewonnen, aber ganz sicher haben die Jungs mich oder uns nicht dominiert oder uns alle Erfolge weggenommen. Und diese Fusionen sind sicher kein Trend; es gibt sie dieses Jahr, und vermutlich war’s das dann. Kurzum, ich sehe da gar kein Problem, um das es lange zu diskutieren gilt.

 

Was wird sich taktisch und in der Ausrichtung ändern? Wird das Ziel Tour-Sieg noch stärker im Vordergrund stehen, oder wird sich das neue RadioShack-Nissan-Trek-Team für 2012 breiter aufstellen?
Man muss kein großer Prophet sein, um zu erkennen, dass die Tour das zentrale Thema dieser Fusion ist und dass auch nächstes Jahr unser Hauptaugenmerk auf der Tour liegen wird. Ganz sicher haben wir genug Fahrer mit der Klasse, auch Rennen wie Paris – Nizza, die Tour de Suisse oder Lüttich – Bastogne – Lüttich zu gewinnen. Im Augenblick sehe ich höchstens, dass wir vielleicht nicht genug starke Leute für Fabian Cancellara haben, um ihn bei den Pflasterstein-Klassikern zu unterstützen.
 
Gibt es zukünftige Kollegen, auf die du dich besonders freust?
Das ist im Augenblick schwierig zu beantworten – wenn ich jetzt einen oder zwei nenne und morgen im Internet steht, dass sie nicht dabei sind, stehe ich ja wie ein Idiot da … Aber ganz sicher freue ich mich nach vielen Jahren als Einzelkämpfer in ausländischen Teams auf jeden deutschen Fahrer, in diesem Falle Andreas Klöden. Ich war ja schon auf seiner Hochzeit, und jetzt werden wir gemeinsam am Start stehen. Dann kommt noch Gregory Rast, den kenne ich auch schon hundert Jahre. Aber ich betrachte mich ohnehin als offenen Typen, daher freue mich ganz allgemein auf mein neues Team, meine neuen Mannschaftskameraden und die vor mir liegenden Herausforderungen.
 
Was speziell nimmst du dir für 2012 vor? Vielleicht etwas Neues oder einen anderen Schwerpunkt? Hast du noch persönliche Ziele für die Rennen in der kommenden Saison? Oder, um das Grundthema des Textes unseres Kollegen Daniel Friebe aufzunehmen: Wie hungrig ist Jens Voigt noch?
Wie hungrig bin ich noch?! Nach dem durch meinen Sturz in Schottland und dem daraus resultierenden Trümmerbruch meines Mittelhandknochens bedingten frühen Saisonende werde ich nächstes Frühjahr wie ein Grizzlybär nach dem Winterschlaf sein – hungrig und bösartig! Das war natürlich nur halbernst gemeint. Ganz sicher bin ich noch hungrig. Für 2012 möchte ich meine Serie von wenigstens einem Sieg pro Jahr fortsetzen, ansonsten möchte ich in meinem vermutlich letzten Jahr meinen letzten Traum verwirklichen – einen der Schlecks in Gelb nach Paris bringen. Die Jungs sind nach all den Jahren wie jüngere Brüder für mich, und es würde mein Glück komplett machen, einen von ihnen auf der höchsten Stufe des Podiums in Paris zu sehen. Und mal ganz nebenbei bemerkt: Ich war bei jeder Tour dabei, die die beiden gefahren sind; ich bin sicher, für die zwei bin ich so etwas wie eine Konstante, eine feste Größe im Team. Einer, der immer da ist.
Sicher wird vieles neu, wir haben ja schließlich eine neue Teamleitung, und da muss ich mir gar keine Sorgen machen, dass ich in alte, eingefahrene Denkmuster verfalle. Die Chefs sorgen schon dafür, dass es nicht altbacken und langweilig wird. Und wie heißt es so schön? Stillstand bedeutet Rückschritt. Oder, wie meine Australier es sagen würden: „Variety is the spice of life.“ Wobei natürlich einem so alten Mann wie mir alle Veränderungen schwerfallen …
Und ganz sicher gebe ich meinen Tour-Startplatz nicht freiwillig her. Sicher sind meine Chancen kleiner, wenn es um junge und mit Brilliantenohrring bestückte Talente geht oder wenn Bergziegen gesucht werden – wenn es aber um einen loyalen, unzerstörbaren und eisenharten Fahrer geht, der den Kopf runternimmt und drauftritt, bis er vom Rad fällt, dann bin ich ganz vorne dabei. Ich möchte die Tour unbedingt noch mal fahren.
 
Dein Ex-Kollege und guter Freund Bobby Julich sagt, du hättest noch mindestens zwei, wenn nicht fünf Jahre vor dir. Hat er Recht? Oder ist das eher ein Kompliment unter Männern?
Na klar ist Bobby einer meiner besten Freunde, und so, wie er das sagt, würde ich auch jederzeit sagen, dass ich ein Comeback von ihm für möglich halte und dass ich es für absolut sinnvoll halte. Beantwortet das eure Frage?
 
 
STILFRAGEN
 
Wie passt deine offensive Fahrweise zu dem doch teilweise eher abwartenden Stil der Schlecks? Sollten sie sich nicht öfter was von dir abgucken? Ist dieser Typen-Unterschied im Menschlichen auch vorhanden?
Lasst mich die Fragen in einer beantworten. Wir haben uns all die Jahre perfekt ergänzt; wenn ich mit meiner offensiven Fahrweise mal wieder gescheitert bin, waren beide Schlecks zur Stelle, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen.
Natürlich hoffe ich, dass sich beide an den Moment erinnern, als Andy die Galibier-Etappe gewann und Franky Etappenzweiter war. Dieser Erfolg war zweifellos unserer an diesem Tag doch sehr offensiven und auch riskanten Fahrweise geschuldet. Und diese positive Erfahrung sollte uns beflügeln, es doch öfter mal zu probieren. Andy ist meines Erachtens nach ohnehin offensiv genug eingestellt, und er und Franky sind gemeinsam fast nicht zu schlagen.
Von mir was abgucken? Eigentlich nicht, von mir verlangt ja auch keiner, dass ich mir von den Schlecks abgucke, wie man Alpe d’Huez oder die Galibier-Etappe gewinnt! Ich bin Allrounder, und sie sind Bergfahrer, da kann man sich nicht viel voneinander abgucken. Menschlich sind wir uns sehr ähnlich, haben unheimlich viele gemeinsame Interessen außerhalb des Radsports, und darum sind wir eben auch so dicke Freunde.
 
Kannst du dir vorstellen, nahtlos in eine team-leitende oder beratende Funktion zu wechseln?
Darüber denke ich mal so und mal so. Auf der einen Seite sage ich mir, nach 30 Jahren Radsport wäre es vielleicht eine gute Idee, ein neues Kapitel im Leben aufzuschlagen. Hier kommt meine Lieblingsidee mit dem Buchladen ins Spiel. Auf der anderen Seite wäre es schlicht eine Schande, meine in eben diesen 30 Jahren mit Schweiß, Blut und Tränen erworbenen Erfahrungen einfach so wegzuwerfen. Und ich sehe es jedes Jahr wieder: Es scheint einfach unmöglich zu sein, seinem Sport – und ich meine ausdrücklich nicht nur unseren Sport – einfach so den Rücken zu kehren. Man hat diesen Sport gelebt und geliebt und kann nicht einfach einen Schlussstrich ziehen; jedenfalls ich wohl nicht, bin ja doch eher der Gefühlsmensch und nicht so sehr der kühle, rationale Typ. Vielleicht werde ich als Fernsehkommentator arbeiten, vielleicht mit den Sponsoren, oder ich werde Sportlicher Leiter. Für alle, die sich jetzt freuen, dass ich im Radsport bleibe: Lasst euch gesagt sein, dass ich als Sportlicher Leiter von meinen Fahrern eine ähnliche Einstellung und Hingabe erwarten werde, wie ich sie gezeigt habe – und wenn ich morgens in der Teambesprechung sage, dass ich jemanden von unserem Team in der Fluchtgruppe erwarte und das nicht umgesetzt wird, dass dann der Teambus nach dem Ziel geschlossen bleibt und die Jungs gemeinsam mit dem Rad ins Hotel fahren. Und ich erhebe nicht den Anspruch, ein Pädagoge zu sein – nur jemand mit Lebenserfahrung.
Hier kommt das vermutlich sinnvollste Szenario: Ich bleibe im Radsport, gebe meine Erfahrungen weiter, leite junge Menschen an und helfe ihnen, ihren Platz zu finden im Sport und auch im Leben, und wenn ich irgendwann Großvater geworden bin und mehr Zeit mit den Enkelkindern verbringen möchte, dann höre ich auf im Radsport und eröffne meinen Buchladen, dann aber mehr als Zeitvertreib oder als Hobby. Und ich werde mein bester Kunde sein, meine Bücher lesen und 35 Cappuchinos trinken. Klingt eigentlich gerade wie die Beschreibung des Paradieses für mich. Ja, genau – das ist mein Plan.



Cover Procycling Ausgabe 93

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 93.

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