Insider – Start mit Gegenwind – Marcel Kittel

Es sind hektische Wochen, die hinter mir liegen: Zum einen bestritt ich Anfang Februar mit dem Etoile de Bessèges und der Oman-Rundfahrt meine ersten Rennen in diesem Jahr, zum anderen musste ich mich auch mit nicht so erfreulichen Dingen beschäftigen. Aber dazu später.

 

Sportlich gesehen war es für mich nämlich ein perfekter Start in die Saison. Gleich bei meinem ersten Einsatz, dem Etoile de Bessèges, konnte ich eine Etappe gewinnen – besser geht’s nicht. So ein früher Erfolg bringt nicht nur die Bestätigung, gut trainiert zu haben, er spornt zusätzlich auch an. Bei den klirrenden Temperaturen in diesem Winter konnte ich eine Extraportion Motivation nämlich gut vertragen. Bei minus zehn Grad trainierte ich dabei vor allem auf dem Mountainbike, was eine willkommene Abwechslung war. Auf den eingeschneiten und teilweise vereisten Waldwegen im Thüringer Wald absolvierte ich nicht nur Konditions-, sondern auch einiges an Technik-Training. 

Immerhin hielt der Kälteschock für mich nur kurz an an, denn schon bald ging es aus dem frostigen Thüringen in die Hitze des Oman. Die Umstellung von Winter auf Sommer war zwar sicherlich nicht ganz einfach, aber nach ein bis zwei Tagen hatte ich mich gut an die neuen Bedingungen gewöhnt. Die Tour of Oman war für mich dabei ein sehr wichtiges Rennen, da ich nicht nur einige Rennkilometer sammeln, sondern zugleich auch meine Form testen konnte: Mit André Greipel, Tyler Farrar und dem amtierenden Straßenweltmeister Mark Cavendish waren nämlich die Topsprinter schlechthin am Start, und so gab es ein erstes Kräftemessen. André hat hier seine Klasse einmal mehr unter Beweis gestellt und zwei Etappen gewonnen. Dass er sich an den Tagen mit schwierigerem Profil durchsetzten konnte, zeigt, dass er schon sehr fit ist.

Auch mir erging es sehr gut: Dass ich wie er zwei Abschnitte für mich entscheiden konnte, zeigt mir, dass die  Form wirklich schon recht gut ist – auch wenn ich noch mitten in der Vorbereitung stecke. Für mich persönlich war es dabei vor allem toll zu sehen, wie wir als Team schon so früh in der Saison perfekt zusammenarbeiten. Besonders der Erfolg auf der Schlussetappe war eine super Mannschaftsleistung, die uns allen sehr viel Selbstvertrauen gegeben hat. Abgesehen von dem Sonnenbrand, den ich mir trotz Creme geholt habe, lief der Ausflug in den Orient also perfekt.
 
Die Tage vor den ersten Rennen waren jedoch alles andere als angenehm und vor allem sehr hektisch. Kurz vor meinem Saisonstart wurde ich nämlich in einem Fernsehbeitrag mit angeblichen Dopingbehandlungen durch den Erfurter Arzt Andreas Franke in Verbindung gebracht – eine Sache, die mich persönlich tief getroffen hat und mich immer noch beschäftigt. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen und meine Einstellung zum Thema Doping immer klar geäußert. Die Geschichte wurde in den Medien ausgiebig behandelt, und daher ist eigentlich alles gesagt: Ich habe meinen Sport immer sauber und fair ausgeübt, und das werde ich auch weiterhin tun! Diese schweren Tage haben mir aber auch gezeigt, dass ich mich voll auf meine Familie, meine Freunde, meine Fans und mein Team verlassen kann. Die Unterstützung, die ich von Teamkollegen und der Mannschaftsführung erhalten habe, hat mir wahnsinnig geholfen. Und der Zuspruch von Freunden und Familie hat sehr gut getan. Auch für die vielen Mails, Tweets und SMS von Fans und Bekannten kann ich mich nicht oft genug bedanken!

Nach dem harten Training und der Oman-Rundfahrt lade ich jetzt erst mal den Akku wieder auf, denn mit Paris – Nizza steht Anfang März schon das nächste wichtige Rennen vor der Tür. Die Regenerationszeit tut doppelt gut, denn so konnte ich die Zeit nutzen und meine Website endlich fertigstellen. Seit der Tour of Oman ist www.marcelkittel.de endlich online. Schaut doch mal rein – bis zum nächsten Mal!
 
Marcel Kittels Profi-Karriere startete Anfang 2011 bei Skil-Shimano. Mit 17 Siegen war der 23-Jährige erfolgreichster deutscher Sprinter der vergangenen Saison. Dieses Jahr wird er in jeder Ausgabe von seinem Rennalltag berichten.
 


Cover Procycling Ausgabe 98

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 98.

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